Fahrradstraßen sind die Straßen in die Zukunft.
Davon gibt es in Osnabrück aktuell fünf. Eine davon ist der Verlauf Lyra-, Kolping- und Kommenderiestraße. Die Route verbindet Johannistorwall und Neuer Graben. Nach einer unseren Protestfahrten durch eben diese Fahrradstraße sind wir zu dem Schluss gekommen, Frau Bauer hinsichtlich unserer Bedenken anzuschreiben.
Anfrage von cycle4change:
01.08.2022
Sehr geehrte Frau Bauer.
Wir würden uns gerne bei Ihnen vorstellen. Wir sind eine Gruppe von Osnabrücker Bürgerinnen und Bürgern, die sich zu einer Interessengruppe zusammengefunden haben, mit dem Ziel, die Sicherheit im Osnabrücker Radverkehr zu fördern.
Einige von uns werden Sie sicherlich schon kennen.
Wir schreiben Ihnen heute, weil Frau OBM Pötter uns Sie, als Radverkehrsbeauftragte der Stadt Osnabrück für zuständig benannt hat.
Gerne möchten wir uns mit Ihnen über die Fahrradstraßen Lyrastraße / Kolpingstraße / Kommenderistraße austauschen. Vor kurzem haben wir uns die Fahrradstraße bei einem Ortstermin angesehen und mussten mit Erschrecken feststellen, dass hier wenig von einer Fahrradstraße zu merken ist. Sowohl der MV (Motorisierte Verkehr), noch Radfahrende wussten scheinbar, welche Regeln für eine Fahrradstraße gelten. Auch konnten wir bei unserem Ortstermin Situationen beobachten, bei denen Radfahrende eben nicht den motorisierten Fahrzeugen bevorrechtigt schienen, teilweise sogar unter Missachtung der geltenden Regeln überholt wurden.
Nun teilten uns die Stadtwerke auf Anfrage mit, dass ab Ende der Sommerferien die Haltestellen aus der Lyrastraße wieder an die Johannisstraße verlegt werden.
Für uns bedeutet das, dass der MV dann diese Straße als Durchgangsstraße noch mehr frequentieren wird. Aber auch, dass die Regeln und Vorrechte von Radfahrenden hier weiterhin wenig Beachtung finden könnten.
Wir würden gerne wissen, ob es Pläne der Stadt gibt, diese Situation zu verändern und welche Maßnahmen Sie überlegt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Cycle4Change
Antwort von der Radverkehrsbeauftragten der Stadt Osnabrück Frau Bauer:
09.08.2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Situation an der Fahrradstraße Lyrastraße / Kolpingstraße / Kommenderiestraße ist auch aus unserer Sicht unglücklich.
Wir haben vor und während der Sperrung der Johannisstraße für den Busverkehr Verkehrszählungen durchgeführt und festgestellt, dass die Verkehrsmengen des motorisierten Individualverkehres (MIV) und des Radverkehrs annähernd gleichgeblieben sind. Der Busverkehr hat sich im Zeitraum 7 – 20 Uhr auf dem Straßenzug mehr als verdreifacht (2020: 122 Busse, 2021: 534 Busse). Die Umleitungsverkehre der Busse während der Bauzeit der Johannisstraße und die Bushaltestellen haben zu Rückstaus geführt, die die Nutzung der Straße für den Radverkehr verschlechtert hat. Dies wird sich mit der Öffnung der Johannisstraße sicher verbessern. Der Radverkehr hat mit 40% einen hohen Anteil, obwohl während der Zählzeiträume mit dem Wegfall des Präsenzbetriebs an der Uni das Hörsaalgebäude an der Kolpingstraße als wichtiges ausfiel. Mit Präsenzbetrieb der Universität ist eine deutliche Steigerung zu erwarten.
Ich teile aufgrund der Erhebungen nicht Ihre Sorge, dass der MIV mit dem Wegfall der Busführung zunehmen wird, wir werden dies natürlich beobachten.
Es geht nun darum, dem Straßenzug durch seine Gestaltung eine bessere Erkennbarkeit als Fahrradstraße zu geben und die Regeln der Fahrradstraße in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Als Bestandteil eines Planungsauftrags wird aktuell ein „Gestaltungs-Baukasten“ für das Design von Fahrradstraßen in Osnabrück entwickelt, konkret erarbeitet anhand zweier Velorouten in der Wüste. Die Planungen und der „Gestaltungs-Baukasten“ werden voraussichtlich im Oktober in die Politik eingebracht. Nach einem politischen Beschluss können wir dann planen, wie die Gestaltungselemente im Straßenzug Lyrastraße / Kolpingstraße / Kommenderiestraße umgesetzt werden können.
Die Regeln, die für Fahrradstraßen gelten, sind in der breiten Öffentlichkeit leider nicht bekannt genug. Hier gilt es auf vielen Wegen zu kommunizieren. Wir wollen die Elemente des Kommunikationspaket „Fahrradstraße ist…“ der AGFK Niedersachsen/Bremen e. V. https://www.agfk-niedersachsen.de/zertifizierung-und-service/fahrradstrassen.html nutzen, um besonders vor Ort darauf aufmerksam zu machen.
Ich hoffe, ich habe Ihnen die derzeitigen Überlegungen und den Weg zu einer Verbesserung vermitteln können.
Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag
Dipl.-Ing. Ulla Bauer
– Radverkehrsbeauftragte –
Antwort an die Radverkehrsbeauftragte der Stadt Osnabrück Frau Bauer:
07.09.2022
Sehr geehrte Frau Bauer,
herzlichen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort.
Wir sind beruhigt, dass Ihre Einschätzung zur Situation der
Fahrradstraßen an der Lyrastraße / Kolpingstraße / Kommenderiestraße
ähnlich der unseren ist. Auch wenn sie sicherlich StVO-konform sind,
werden sie doch in der jetzigen Form nicht im Ansatz guten
Fahrradstraßen gerecht.
Als jahrzehntelang erfahrene und aktive Radfahrende in der Stadt
Osnabrück, würden wir gerne einige Hinweise zu den kommenden Planungen
und Maßnahmen geben.
Wir haben uns die Materialien des AGFK angesehen. An große Plakate an
Bauzäunen oder Baustellengittern haben wir auch gedacht. Hier müssten
die Regeln möglichst einfach und knapp dargestellt sein, damit
Autofahrende und Radfahrende quasi im Vorbeifahren diese Regeln auch
sehen und verstehen.
Die Motive der AGFK zu den drei Hauptregeln sind sehr schön und bunt.
Aus unserer Sicht aber leider nicht tauglich, um schnell verstanden zu
werden. Wir können Ihnen gerne das Bauzaunplakat der Gemeinde
Wallenhorst empfehlen:
https://www.wallenhorst.de/wirtschaft-bauen/klimaschutz/radverkehrskonzept/fahrradstrasse.html
Aus unserer Sicht, die wir ja schon lange und viel in Osnabrück
fahren, dürften sich große Plakate weitaus besser dazu eignen,
wahrgenommen und verstanden zu werden. Hierzu würde sich eine
beidseitige Aufstellung gegenüber des Gebäude 1 der Universität
Osnabrück auf der Rasenfläche anbieten. Aber natürlich sind die
einzelnen Regel-Motive auch an anderen Stellen der Fahrradstraßen
sinnvoll und notwendig.
Wir möchten in diesem Zusammenhang auch nochmal darauf hinweisen, dass
einfache Symbole besser wahrgenommen werden, als künstlerisch
anspruchsvollere Plakatinhalte. Da die Lyrastraße und Kolpingstraße
inzwischen zu den Treffpunkten der sog. „Poser-Szene“ in Osnabrück
gehören, sollen solche Plakate ja auch von den Mitgliedern dieser
Szene ernst genommen werden.
Regelmäßige Kontrollen durch Polizei und Verkehrsaußendienst der Stadt
Osnabrück, insbesondere zu Zeiten des sog. Feierabendverkehrs, als
auch an den Wochenenden in den späteren Stunden sollten eigentlich
schon jetzt selbstverständlich sein.
Auch Fahrbahnfüllende blaue Flächen auf den Straßen, mit Fahrrad als
Symbol, am Anfang, an Querungen und am Ende der Fahrradstraßen würden
sich anbieten.
Weiterhin stellt sich für uns die Frage, wie der MV in den
Straßenzügen verringert werden kann. Wir gehen davon aus, dass schon
vor Einrichtung der Fahrradstraße ein Durchfahrtsverbot (Ausnahme
Anlieger) durch die Stadt Osnabrück geprüft wurde, oder? Dann würde
sich letztlich eine Führung als Einbahnstraße oder eine Verminderung
des MV mittels Durchfahrtsverbotes, wie bereits an der Kreuzung
Johannistorwall / Kommenderiestraße vorhanden, empfehlen.
Neben den technischen Maßnahmen, Sie erwähnten es bereits in Ihrem
Schreiben, benötigen wir flankierende Informations- und
Aufklärungsmaßnahmen.
Es würden sich Flyer an jeden Haushalt in Osnabrück zum Thema
anbieten, zumal, wenn die Stadt in den nächsten Jahren noch mehr
Fahrradstraßen einrichten wird.
Eine gute Idee ist es auch, die Internetseite der Stadt
www.osnabrueck-sattelt-auf.de als zentrale Infoquelle neu zu beleben
und zu optimieren.
Lassen Sie uns bitte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass der
Link http://www.osnabrueck.de/wohnen/verkehrsmittel/radfahren.html auf
der Internetseite der AGFK
(https://www.agfk-niedersachsen.de/ueber-uns/mitglieder/stadt-osnabrueck.html)
ins Leere läuft. Das ist hoffentlich kein schlechtes Omen 😉
Über eine Rückmeldung würden wir uns freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Zu weiteren Informationen zum Radnetz in der Stadt Osnabrück führt der folgende Beitrag:
Radverkehrsplanung in Osnabrück – Haupt-, Velo-, Radschnell-, Neben-, Freizeitrouten und Netzlücke
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